Finanzielle Bildung, finanzielle Freiheit und Frugalismus. Alles Begriffe, auf die ich stoße, wenn ich mir Gedanken um meine Finanzen und meine Finanzsituation in der Zukunft mache. Vor allem wer sich beim Thema Rente nicht auf den Staat verlassen will, kommt sehr schnell zur Frage: Wieviel Geld reicht denn für’s Leben? Und wie schaffe ich es, dass ich sorgenfrei in die Zukunft blicken kann. Das Thema ist komplex und die fundamentalen Fragen beantworten verschiedene Menschen oft sehr unterschiedlich. Der Weg ist dennoch oft sehr ähnlich.
Frugalismus, finanzielle Freiheit und Bildung – Begrifflichkeiten
Viele Begriffe auf die ich bei meinen Recherchen gestoßen bin, sind oftmals nicht eindeutig. Deswegen finde ich es wichtig hier einmal vorab darüber zu sprechen, was dich bei mir erwartet, wenn ich davon spreche.
Finanzielle Bildung

Wer außer mir wundert sich noch darüber, dass in der Schule kaum Themen gelehrt werden, die uns im täglichen Leben tatsächlich weiter bringen? „Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir!“ – Kennt jeder, oder? Ja, ich bin froh, dass ich lesen, schreiben und rechnen lernen durfte und es gab auch vieles, was mein Interesse geweckt hat. Aber Themen wie Annuitätendarlehen, Konsumschulden, Zinseszins-Effekt bei Investitionen? Fehlanzeige.
Meiner Meinung nach führt das bei vielen gut verdienenden Menschen dazu, dass sie trotz des guten Auskommens nie auf einen grünen (Spar-)Zweig kommen und dann überrascht sind, dass die Rente nicht zu ihrem lange Jahre antrainierten Konsumverhalten passt. Eine gute finanzielle Bildung ist für mich daher, dass ich die monetären Konsequenzen aus meinem Handeln und meinen Entscheidungen jederzeit Überblicken kann. Nur so bin ich in der Lage die richtigen Stellschrauben zu drehen um im Bezug auf Geld langfristig sorgenfrei zu bleiben. Und das übrigens nicht nur für Menschen mit einem üppigen Gehalt. Dazu schreibe ich später noch mehr.
Finanzielle Freiheit

Der Begriff der Freiheit ist sehr individuell belegt. Es gibt kaum einen Begriff, über den mehr gestritten wird. Und ganz ehrlich, dieses Faß will ich an dieser Stelle auch garnicht auf machen. Dennoch ist es wichtig, dass wir bei der finanziellen Freiheit vom gleichen Maßstab ausgehen. Eine Definition die ich oft lese ist: „Finanziell frei bin ich, wenn ich (finanziell) tun und lassen kann, was ich will“. Diese Definition ist für mich nicht genau genug. Wenn ein Lotto-Millionär nach dieser Definition agiert, dann passiert, was mit vielen Lotto-Millionären passiert: Er/Sie ist genauso schnell wieder pleite.
Ich versuche es einmal hiermit: „Finanzielle Freiheit erlange ich, indem ich die Erträge aus meinen Investitionen auf die Ebene bringe, die ich brauche um meinen selbst gewählten Lebensstandard zu erhalten“. Sobald ich finanzielle Freiheit erlangt habe, bin ich auf einer sehr angenehmen Ebene angekommen. Ich muss dann nämlich nicht mehr arbeiten, aber ich kann. Und das eröffnet viele Möglichkeiten, wie viele Frugalisten und finanziell freie Menschen auf ihren persönlichen Webseiten und in sozialen Medien veröffentlichen.
Meine Definition ist dabei vollkommen frei von der Wertung des Lebensstandards. Wenn Du für dich entscheidest, dass Du 7000€ im Monat brauchst, dann bedeutet das lediglich, dass die Höhe deiner Investitionen höher sein muss, als wenn Du dich entscheidest mit 1000€ im Monat auszukommen.
Frugalismus – Voraussetzung für finanzielle Freiheit?
Jaja, der Frugalismus. Die Hardcore Frugalisten im digitalen Äther können offenbar nur zufrieden leben, wenn sie sich einer ausgeklügelten Selbstkasteiung unterziehen. Es gibt aber auch andere Stimmen wie z.B. Florian Wagner (Der Geldschnurrbart), dessen Definition mir sehr viel besser gefällt. Für mich ist Frugalismus ein Lebensstil der finanziellen Achtsamkeit. Ich selber will mir auch ab und an mal etwas gönnen. Ich finde das gehört zum Leben dazu. Aber ich würde z.B. niemals einen Kredit für etwas aufnehmen, das ich nicht unbedingt brauche nur um mir etwas zu gönnen. Frugalismus definiere ich daher für mich eher so: „Achtsamer Konsum, regelmäßige finanzielle (Weiter-)Bildung und strukturierte Investitionen um finanzielle Freiheit zu erreichen“. Dabei muss jeder für sich selbst entscheiden, wie verbissen und aggressiv er oder sie an den Finanzen arbeiten will. Eine Grundvoraussetzung ist asketisches Leben aus meiner Sicht nicht, um in die finanzielle Freiheit zu kommen.
Landkarte – wo stehst Du mit deinen Finanzen
Der erste Schritt den Du auf deiner Reise zur finanziellen Unabhängigkeit machen solltest ist die Bestandsaufnahme. Du musst wissen, wo Du stehst, damit Du entscheiden kannst in welche Richtung Du aufbrechen willst. Also Zettel und Bleistift auf den Tisch und los geht’s.
- Teile die Seite in eine obere und eine untere Hälfte, jede dieser Hälften teilst Du nochmals in eine linke und eine Rechte Hälfte.
- Beschrifte die Quadrantend wieflogt:
- Oben links: Einnahmen
- Oben rechts: Ausgaben
- Unten links: Vermögen
- Unten rechts: Kredite/Verbindlichkeiten
- Beginne oben links und schreibe alle deine regelmäßigen Einnahmen auf:
- Gehalt
- Mieteinnahmen
- Geldeingänge aus Nebengewerbe
- Hast Du im Jahr auch mal Beträge, die Du nur einmal bekommst, dann teile diese durch zwölf, da wir die monatlichen Einnahmen herausbekommen wollen.
- Nimm nun die Ausgaben auf:
- Miete
- Versicherungen
- Abschlagszahlungen
- Nebenkosten
- Zinszahlungen
- Leasingraten
- Ausgaben des täglichen Lebens (dieser Teil ist etwas schwierig und birgt das Risiko, dass man sich selbst betrügt)
- Auch hier teilst Du einmalige Beträge wie den Jahresbeitrag einer Versicherung durch zwölf
- Unten Links schreibst Du alle deine Vermögenswerte auf
- Girokonto
- Sparbücher
- Tagesgeldkonto
- Aktien
- ETFs
- Immobilien (Schätzung des Marktwertes – lieber konservativ)
- Firmenanteile
- sonstige Investitionen
- hier nichts durch zwölf teilen, denn im unteren Bereich wollen wir den tatsächlich aktuellen Bestand darstellen.
- Unten Rechts dann deine offenen Verbindlichkeiten (vermerke auch die Zinshöhe – zusätzlich zu Punkt 4 – und den voraussichtlichen Abzahlungstermin)
- Restschuld von Immobilien-Krediten
- Restschuld von Konsumenten-Krediten
- Auch hier den aktuellen Stand darstellen
- Nun bildest Du in jedem Quadranten eine Summe aus allen Positionen und ziehst die rechte Seite von der linken Seite ab.
- Oben hast Du deinen aktuellen monatlichen Verfügungsrahmen, also die Summe die Du frei am Ende des Monats übrig hast. Hier kannst Du im Prinzip monatlich entscheiden: Konsumieren oder Investieren? Sollte am Ende vom Geld noch Monat übrig sein, Du hier also einen negativen Betrag ausgerechnet hast, dann ist es höchste Zeit etwas daran zu ändern.
- Unten findest Du dein Reinvermögen (engl. net worth). Hiermit können wir arbeiten. Ob Du hier vielleicht schon in die für dich richtigen Themen investiert bist sehen wir später.
Szenarien nach deinem Kassensturz
Du hast jetzt einmal reinen Tisch gemacht. Wenn Du keine Ausgaben weg gelassen und dir auch keine Vermögenswerte dazu gedichtet hast (nein eine zukünftige Erbschaft rechnen wir hier noch nicht mit), dann hast Du hier schon einen ziemlich guten Überblick über deine finanzielle Situation. Jeder Kassensturz ist anders, aber es gibt doch immer wieder ähnliche Grundtypen.
Der Lebemensch
Deine Ausgaben decken sich mit deinen Einnahmen oder liegen womöglich darüber? Dafür gibt es viele Gründe, manchmal sogar gerechtfertigte. Oft sehe ich hier aber Menschen die ein gutes Einkommen haben. Nicht selten wird ein großer Teil des Gehalts gebraucht um seinen Status in der Firma oder im Privatleben zu unterstreichen. Teure Anzüge, gute Schuhe, riesige Uhr etc. Ebenfalls häufig ist der Drang, „auf der Straße“ und im Freundeskreis zu zeigen, dass man es zu etwas gebracht hat. Mehr als ein Urlaub im Jahr um dem stressigen Alltag zu entfliehen lässt die Ausgaben ebenfalls steigen und es gibt sicher noch unzählige andere Möglichkeiten „über seine Verhältnisse“ zu leben.
Der Vorteil hier, Du kannst wahrscheinlich mit ein paar wenigen Anpassungen schon eine beachtliche Summe auf die Seite bringen. Wenn Du dich in dieser Situation mit einem sehr kleinen Einkommen befindest, dann sind andere Knöpfe zu drehen. Aber auch hier lässt dich oft schon mit etwas ernsthaftem Einsatz ein Überschuss erwirtschaften, der dann in die Investitions-Planung gehen kann.
Der Sparfuchs
Der Unterschied zwischen deinen Einnahmen und Ausgaben beträgt ein deutliches Plus. Glückwunsch, Du hast dir einen guten Spielraum verschafft, mit dem du arbeiten kannst. Der erste Schritt zum Frugalisten ist gemacht, Du hältst dein Geld zusammen. Ein Blick auf deine Vermögenswerte offenbart dir schnell, ob Du auch in Anlageformen investierst, die dir die Lücke schließen, sobald Du keine oder kleinere Einnahmen machst. Aktuell wäre ein Sparbuch oder ein Girokonto hier nicht das richtige Invest. Aber das bekommen wir später noch in den Griff.
Der Konsument
Du hast viel unten Rechts gesammelt. Ein Kredit für ein neues Fahrrad oder Auto, für die neue Playstation oder gar für ein paar Schuhe, die neben den 50 anderen Paaren im Schrank verstauben. Ein paar Euro hier, ein paar Euro dort. Am Ende macht es die Summe und ehe man sich versieht, fressen die Zinszahlungen deinen Einkommens-Überschuss auf. Im schlimmsten fall drücken die Konsumschulden dich ins Minus. Du kannst eigentlich gar nichts mehr kaufen und spätestens wenn Du in den Dispo rutschst beschleunigt sich die Spirale aus der nur noch mit einem radikalen Schritt zu entkommen ist. Genau diesem Verhalten wollen wir entgegenwirken. Ein Kredit ist nicht per se schlecht. Es gibt Situationen, da macht es Sinn auch mal was „auf Pump“ zu kaufen. Nur sollte man sich diese Situation ganz klar vor Augen führen und wissen, was dies bedeutet. Ich bin nicht Peter Zwegert – oder wie dieser Fernseh-Sparer hieß – aber ich sage dir, Du kannst mit den folgenden Schritten am meisten profitieren.
Der Investor
Deine linke untere Kiste platzt aus allen Nähten? Großartig. Du hast dich schon gut gekümmert. Aber hast Du auch richtig angelegt? Ja ok, keiner kann wirklich sagen, was in Zukunft passieren wird. Auch ich nicht. Aber ich kann durchaus schonmal einige Sachen ausschließen, die in der aktuellen Situation noch nicht einmal den Wert deiner Ersparnisse erhält – Stichwort Inflation. Über das was dann – frei nach Sherlock Holmes – übrig bleibt werden wir uns näher informieren. Welche die richtige Investition für dich ist, wirst auch nur Du entscheiden können. Aber bis dahin haben wir deine finanzielle Bildung auf Hochglanz poliert.
Du wirst es dir sicher schon gedacht haben, dass es auch Kombinationen aus den oben genannten Typen gibt. Jeder von uns ist eine Mischung, wie bei so vielem im Leben. Dabei gibt es Mischungen, die sich beflügeln und welche die sich hemmen, im positiven wie im negativen. Bist Du zum Beispiel ein Investor, dann kannst Du als Sparfuchs deine finanzielle Freiheit viel schneller erreichen, als der Lebemensch. Genauso treibt es dich als Lebemensch und Konsument viel schneller in den sicheren Ruin als wenn Du dein Leben als Sparfuchs führst.
Die Entscheidung, welchen Typ Du bekleiden möchtest liegt dabei ganz allein bei dir. Und es ist in verschiedenen Lebensphasen durchaus legitim die Gruppen zu wechseln. Ein Beispiel: Du warst 30 Jahre lang Sparfuchs und Investor. Dein Gesamtvermögen beläuft sich auf eine Million Euro. Nach der 4% Regel kannst Du also monatlich mehr als 3000€ entnehmen ohne dass dein Vermögen weniger wird. Möglicherweise hast du damit deine persönliche finanzielle Freiheit erreicht. Ein Wechsel ins Lager des Lebemenschen könnte für dich jetzt interessant sein. Vor allem, wenn Du nach den Prinzipien aus dem Buch „Die with zero“* gehst.
Der Weg zur Finanziellen Freiheit
Wie schon gesagt schlummern in jedem von uns alle vier oben genannten Typen, nur eben in verschieden starker Ausprägung. Das erreichen der finanziellen Freiheit wird dem leichter fallen, bei dem Sparer und Investor stärker ausgeprägt sind. Frugal zu leben bedeutet für mich aber – wie schon beschrieben – nicht zwangsläufig, dass man seinen Lebemenschen unterdrücken muss. Mit ein paar Tricks, kann man aber einen Automatismus entwickeln, der die persönliche Einstellung in die richtige Richtung schiebt.
Wie geht’s weiter?
Wir wissen nun wo wir stehen. Jetzt gilt es erst einmal aufzuräumen und zu überlegen, wie wir erste Freiräume schaffen können. Dazu schauen wir uns jeden einzelnen Punkt in den Quadranten an. Es gilt im ersten Schritt zu identifizieren, wo wir schon die ersten Geldfresser rauswerfen können. Grundsätzlich können wir diese erste Phase kurz zusammenfassen: Kosten senken und Einnahmen steigern. Ich nenne das das Scherenprinzip.
Den Teil bin ich gerade noch am Aufbauen. Trag dich doch zum Newsletter ein, dann schicke ich dir eine kurze Nachricht, sobald ich damit fertig bin.